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Lassen Sie Ihr Haustier regelmäßig vom Tierarzt checken!

Foto: Yana Vasileva via Shutterstock

Tierärzte und Tierschützer befürchteten, dass Haustierhalter nach der Erhöhung der Preise für tierärztliche Leistungen, die die Ende November 2022 in Kraft getretene angepasste Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) mit sich brachte, entweder noch stärker als bisher über Preise verhandeln oder den Besuch beim Tierarzt gar ganz meiden würden – zum Unwohl der Tiere. Im Interview berichtet der Tierarzt Dr. Karim Montasser von einer überraschenden Entwicklung.

Dr. Karim Montasser

Tierarzt, medizinischer Autor und YouTuber

Wie reagierte das Haustierland Deutschland auf die höheren Preise bei den Tierärzten?

Überraschend gut: Statt noch heftiger über Preise zu diskutieren, wie es alltäglich in den Tierarztpraxen hierzulande ist, oder ihren Tieren medizinische Hilfe ganz vorzuenthalten, reden die Haustierhalter plötzlich mit den Kollegen. Das überrascht besonders, weil die Preisanpassung in Kraft trat, als viele andere Verbraucherpreise wegen der anhaltenden Rohstoffkrise, Energiekrise und Inflation längst in ungewohnte Höhen geschossen waren.

War die Anpassung der GOT nötig?

Mit Sicherheit! Für uns Tiermediziner ist das Wohl der Tiere oberstes Gebot. Jedes hat unsere Bestleistung verdient. Zugleich müssen sich die Praxen rechnen. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass die Preiserhöhung längst fällig war, die letzte lag schließlich mehr als 20 Jahre zurück. Dazu muss auch gesagt werden, dass viele Kollegen schon vor der Preiserhöhung in der ethischen Zwickmühle steckten und tagtäglich Kompromisse schlossen, wenn Halter die Behandlung nicht zahlen konnten oder wollten. Nicht selten wird ein krankes Tier deshalb nicht optimal, sondern nur „bezahlbar“ behandelt. Die Depressions- und Suizidrate bei Tierärzten über alle Berufe und die Allgemeinbevölkerung hinweg ist sicher auch deshalb am höchsten ist (Quelle: Bundestierärztekammer). Helfen würde hier übrigens, wenn die Tierhalter das Gespräch mit uns suchten – und zwar wertschätzend, auf Augenhöhe und mit dem Fokus aufs Tierwohl.

Was können Haustierhalter für ihr Tier tun, um die Tierarztkosten bei bester Versorgung möglichst niedrig zu halten?

Das Beste fürs Tier ist ein jährlicher Tierarztbesuch, um ernsthafte Erkrankungen möglichst frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Je früher eine Erkrankung erkannt wird, desto schneller kann die passende Behandlung starten und desto günstiger fällt sie meist aus. Und Ihr Tier gewinnt Lebensqualität und Lebenszeit. Ratsam ist zudem eine Versicherung. Aus meiner langjährigen Praxis in Großbritannien weiß ich, dass das System gut funktioniert: Dort sind 90 Prozent der Haustiere versichert, das hält auch die Versicherungsbeiträge niedrig. Deutschland hinkt da weit hinterher. Dennoch: Eine Versicherung lohnt sich auch hier, insbesondere für Halter ohne finanzielle Rücklage.

Wann ist der Tierarztbesuch fällig?

Neben dem jährlichen Check gilt: Sobald sich Ihr Tier anders verhält, als Sie es gewohnt sind. Bitte warten Sie nicht in der Hoffnung, dass sich das von alleine bessert und doktern Sie auch nicht mit Hausmitteln rum! Tiere sind keine Menschen, sie reagieren auf unsere Hausmittel oft anders. Rufen Sie am besten Ihren Tierarzt an und schildern Sie die Verhaltensauffälligkeit. Befolgen Sie dann dessen Rat. Beachten Sie, dass beispielsweise Katzen, die die Top Ten der Haustiere hierzulande anführen, lange klaglos leiden – in der freien Wildnis sind sie schließlich nicht nur Jäger, sondern auch Gejagte: Und da würde die kranke Katze nicht unnötig auf sich aufmerksam machen.

Welche Tipps haben Sie für Möchte-gern-Tierhalter?

Zuerst einmal: Toll, dass Sie ein Tier in Ihr Leben holen möchten, Tiere sind ein echtes Geschenk, das unser Leben bereichert. Meine besten Tipps (weitere finden Sie auf meinem Youtube-Kanal oder auf Instagram):

  1. Prüfen Sie gründlich, welche Tierart Sie sich anschaffen! Wie viel Platz, Zeit und Geld haben Sie in den kommenden Jahr(zehnten) für ein Tier übrig?
  2. Adopt – don’t shop! Wer das Beste für ein Tier will, holt es aus dem Tierschutz anstatt von Züchtern. Informieren Sie sich gründlich über das Tier! Passt sein Wesen zu Ihnen und Ihrem Alltag?
  3. Sparen Sie nicht am Tier! Schaffen Sie die besten Voraussetzungen dafür, dass es lange gesund an Ihrer Seite sein kann. Das heißt: Bringen Sie es artgerecht unter und versorgen Sie es gesund!
  4. Stellen Sie Ihr Tier gleich am Anfang einem Tierarzt vor und lassen Sie regelmäßige Checks machen! Sich anschleichende Gesundheitsprobleme erkennt man am ehesten im Verlauf!
  5. Reden Sie mit Ihrem Tierarzt offen über Kosten und begegnen Sie ihm auf Augenhöhe. Gemeinsam finden Sie Lösungen!
  6. Schenken Sie Ihrem Tier Zuwendung und Zuneigung! So lernen Sie es am besten kennen und können Auffälligkeiten im Verhalten rasch auf den Grund gehen.
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