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SOZIALE VERANTWORTUNG

Ich könnte niemals aufhören mit meiner Arbeit als Klimajournalistin. Und Aktivistin.

Reise zum Klima, Greenland, Ilulissat Icefjord
Foto: Markus Mauthe, Greenpeace

Aufgeben ist keine Option, denn wir wissen, dass es möglich ist.

Louisa Schneider, Journalistin & Aktivistin

Wenn Menschen zusammenkommen. Wenn wir uns nicht auseinanderbringen lassen. Wenn wir unsere eigene Macht in Gemeinschaft erkennen, beginnt echte Veränderung.

Ich bin Louisa Schneider und startete erst spät mit meiner Klima-Arbeit. Zu oft stellte ich mir die Frage, ob ich denn grün genug lebe, ob ich denn nachhaltig genug lebe und ob ich sowieso genug von dieser komplexen Krise verstanden habe. Aber nach der Flut im Ahrtal wurde mir endgültig bewusst: Die Klimakrise klopft nicht zögerlich an; sie tritt Türen ein! Es wird nie der richtige Zeitpunkt kommen, um anzufangen. Es braucht uns jetzt. Und alle zusammen. Und wenn wir verhindern wollen, dass sie auch unsere Türen vollends aus den Angeln hebt, müssen wir „Kipppunkte“ verstehen. Und wir müssen die Systeme erkennen, die uns dazu bringen, diese gefährlichen Punkte zu überschreiten.

Im September 2022 startete ich zusammen mit einer großen, internationalen Naturschutzorganisation in unser Projekt „grad° jetzt“. Für das Projekt reisen wir zu fünf ökologischen Kipppunkten auf unserem Planeten. Es ging für uns nach Brasilien, Senegal, Kanada, Grönland und Australien. Wir erklären die globalen Zusammenhänge. Kipppunkte sind kritische Punkte in unserem Klimasystem, die, wenn wir sie einmal überschritten haben, dramatische und unveränderbare Auswirkungen auf unser aller Leben haben. Ein Beispiel eines solchen Kipppunktes ist der brasilianische Regenwald. Hier waren wir im September letzten Jahres und dokumentierten die enormen Waldbrände: Auf einer Strecke von Berlin nach Hamburg stand der Rauch so dicht, dass mir der Rauch die Lunge zuschnürte. Vor uns lief eine Wildschweinfamilie hilfesuchend aus den Flammen, hinter mir fiel ein weiterer Baum um. Über mir kreischte es – es flogen brennende Vögel. Weiten sich die Brände zu stark aus, dann verliert der Regenwald irgendwann die Fähigkeit sich zu regenerieren. Er verwandelt sich unwiederbringlich in eine Savanne. Wir verlieren „die grüne Lunge unseres Planeten“. Und wenn wir einen Kipppunkt überschreiten, dann ist es umso wahrscheinlicher, dass wir noch mehr überschreiten werden. Insgesamt haben wir 16 solcher Punkte weltweit, neun davon könnten bereits überschritten sein. Aber das ist kein Grund aufzugeben, sondern loszulegen.

Es gibt kein „zu spät“.

Es kommt auf jedes Zehntelgrad, auf jede eingesparte Emission, auf jedes geschützte Menschenleben an. Wir können eine so viel gerechtere, sichere, nachhaltigere Welt gewinnen.

Doch diese Welt kommt nicht einfach so. Sie wird erstritten und erkämpft. Wenn Menschen zusammenkommen. Wenn wir uns nicht auseinanderbringen lassen. Wenn wir unsere eigene Macht in Gemeinschaft erkennen, beginnt echte Veränderung. Manchmal fühlt sich die Klimakrise schwer an, wie ein großer Berg. Doch während unseres internationalen Projektes fiel mir auf, dass die Klimakrise eher ein großes Puzzle ist. Weltweit arbeiten so unglaublich viele Menschen an der Lösung und fügen ihre Stücke zusammen. Legst auch du deinen Teil, dann kann wieder jemand anderes ansetzen. Vielleicht ist dein Part aber auch das Stück, was noch fehlt, um das Muster klar zu erkennen. Und irgendwann entsteht eine Einheit, ein Bild einer Zukunft, die so schön, so aufregend, so gerecht und sicher ist, dass wir gar nicht anders können, als gemeinsam auf sie hinzuarbeiten.

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