Schenken und beschenkt werden gehört für viele Menschen untrennbar zu Weihnachten. Wenn die vierte Kerze am Adventskranz flackert, erreicht der Konsum der Deutschen seinen Höhepunkt. Als Teamleiterin für Kreislaufwirtschaft beim WWF Deutschland weiß Rebecca Tauer, wie schwer der Ressourcenverbrauch der Deutschen wiegt: „Jede und jeder von uns nutzt durchschnittlich 16 Tonnen Rohstoffe im Jahr – und damit bei Weitem zu viele. Nachhaltig wären aus wissenschaftlicher Sicht maximal 8 Tonnen pro Person.“

Rebecca Tauer
Teamleiterin für Kreislaufwirtschaft beim WWF Deutschland
Mit dem Projekt „Ressourcenleicht leben 2045“ will der WWF dazu beitragen, den Ressourcenverbrauch der Deutschen zu halbieren. Im Interview spricht Rebecca darüber, warum ein ressourcenleichtes Leben ein Gewinn ist und was die WWF-Weihnachtsaktion „Spenden statt Schenken“ damit zu tun hat.
Worum genau geht es beim WWF-Projekt „Ressourcenleicht leben 2045“?
Wir wollen mit dem Projekt die Frage beantworten, wie wir in Deutschland den Weg hin zu einem ressourcenleichteren Leben schaffen können.
Dabei geht es uns darum, wissenschaftliche Erkenntnisse mit dem Alltag der Menschen zu verbinden. Wir zeigen, welche Veränderungen in Bereichen wie Wohnen, Mobilität oder Konsum den größten Unterschied machen. Entscheidend ist für uns, unterschiedliche Lebensrealitäten mitzudenken: Menschen in der Stadt und auf dem Land, jüngere und ältere Generationen.
Deshalb haben wir gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern konkrete Zukunftsbilder erarbeitet, die zeigen, wie ein ressourcenleichter Alltag unter unterschiedlichen Bedingungen gelingen kann.
Ressourcenleicht leben – das klingt erst einmal nach Verzicht. Kann ein solches Vorhaben Mehrheiten gewinnen bzw. die Menschen erreichen?
Die Verzichtsdebatte greift zu kurz. Im Kern geht es darum, bewusst zu entscheiden, was wir wirklich brauchen, und Dinge länger oder gemeinsam zu nutzen. Das betrifft zentrale Lebensbereiche: etwa ein anderes Mobilitätsverhalten – weniger Auto, mehr Fahrrad und Bahn – oder den bewussteren Umgang mit Konsumgütern, die heute häufig viel zu kurz genutzt werden.
Eine repräsentative Umfrage des WWF hat gezeigt, dass die Mehrheit der Menschen einen „8-Tonnen-Lebensstil“ attraktiv findet – wenn die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen.
Weniger Konsum heißt für viele eben auch: mehr Zeit, Ruhe und Selbstbestimmung.
Welche Rahmenbedingungen sind wichtig, damit die Menschen in Deutschland ihr Leben leichter gestalten?
Hier kommt die Politik ins Spiel. Heute sind viele Produkte und Rohstoffe vermeintlich günstig, weil ihre ökologischen und sozialen Folgekosten nicht im Preis enthalten sind. Dadurch wird das lineare Wirtschaftsmodell bevorteilt: Reparaturen sind oft teurer als Neukäufe, langlebiges Design lohnt sich kaum und Sekundärmaterialien konkurrieren mit Primärrohstoffen.
Wir brauchen günstige Reparaturangebote, flexible Wohnraumgestaltung, funktionierende Mehrweg- und Sharing-Systeme und Dienstleistungen, die Wiederverwendung erleichtern und attraktiv machen.
Und wir müssen anders kommunizieren: Tonnenziele bewegen kaum jemanden. Aus unserem Projekt wissen wir: Ressourcenschonung überzeugt dann, wenn Menschen sie mit mehr Lebensqualität, Gemeinschaft und Selbstwirksamkeit verbinden. Konkrete Alltagsbeispiele zeigen das viel besser als abstrakte Appelle.
Es ist kurz vor Weihnachten. Zu keiner anderen Zeit im Jahr konsumieren wir so viel. Wie kann es anders gehen?
Viele Menschen wünschen sich eine zeitgemäße und verantwortungsvolle Form des Schenkens, die bewusst gewählt ist und langfristig wirkt. Eine Spende, etwa für den Schutz bedrohter Arten und wertvoller Lebensräume, erfüllt genau diesen Anspruch.
Insbesondere für Unternehmen kann das interessant sein. In vielen Häusern gehört es zur Tradition, Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeitende und Geschäftspartner mit einem Geschenk zu bedenken. Häufig sind diese Präsente jedoch austauschbar und verbrauchen unverhältnismäßig viele Ressourcen. Mit „Spenden statt Schenken“ geht es auch anders: sinnstiftend und ressourcenleicht.
Immer mehr Unternehmen schließen sich der WWF-Aktion an, um zu Weihnachten ein Zeichen zu setzen. Sie spenden für die Natur und schenken Zukunft.
