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Leben mit dem „kleinen Mann“ im Ohr

Der Hörsturz kam 2003 quasi über Nacht und fühlte sich an, als hätte ich Watte im Ohr. Der HNO-Arzt stellte die Diagnose Ohrentzündung. Doch nach vier Wochen ging es mir immer noch nicht besser – ein dauerhafter Pfeifton, Hörschwierigkeiten und ein unangenehmes Druckgefühl hatten sich eingestellt. Eine zweite HNO-Ärztin diagnostizierte einen Hörsturz, doch eine Akutbehandlung brachte nach vier Wochen nichts mehr.

Da ich in einem Großunternehmen arbeite und die Kundenberatung einen Großteil meiner Arbeit ausmacht, quälte mich die Frage, wie es weitergehen soll. Ich reduzierte schließlich meine Arbeitszeit und lernte mit den Folgen meines Hörsturzes zu leben.

Im Laufe der Jahre hatte ich mich mit den Folgen meines Hörsturzes arrangiert und dachte, dass es nun nicht schlimmer werden kann. Aber ich hatte mich getäuscht- es kam schlimmer.

Der Tinnitus wurde im Laufe der Zeit fast ein „Freund“, da er ein guter Indikator für Stress ist. Wie ein Seismograf zeigt er mir, wenn es mal wieder Zeit ist kürzer zu treten. Neben der Schulmedizin suchte ich auch nach alternativen Heilmethoden und fand sie bei zwei tollen Heilpraktikern. Dort lernte ich die Möglichkeiten der TCM kennen und wie ich sie für mich anwenden kann. Zudem machte ich in meiner Freizeit eine Ausbildung zum Business Health Coach.

Inspiriert durch die eigenen Erfahrungen mit chronischen Krankheiten, wollte ich meine Erfahrungen auch an andere weitergeben. In dieser Zeit habe ich die Kraft der unbewussten Prozesse in unserem Körper kennengelernt und mich mit Entspannungstechniken und Achtsamkeitstraining beschäftigt. Im Laufe der Jahre hatte ich mich also mit den Folgen meines Hörsturzes arrangiert und dachte, dass es nun nicht schlimmer werden kann. Aber ich hatte mich getäuscht – es kam schlimmer.

Der Feuerwerkskörper im Ohr

Der Rückfall kam im Herbst 2014 auf einer Musikveranstaltung in Form eines Feuerwerkskörpers, der unmittelbar neben meinem Ohr explodierte. Eine weitere Verschlechterung des Hörvermögens, quälende Tinnitusattacken und extreme Schwindelanfälle waren die Folge. Eine sofortige Behandlung mit Kortisoninfusionen zeigte keine Wirkung. Die Suche nach einem geeigneten Hörgerät war anstrengend und frustrierend.

Obwohl ich schwerhörig bin, leide ich unter einer extremen Geräuschempfindlichkeit. In Kombination mit dem Tinnitus macht es die Sache nicht einfacher. Aufgrund meiner Geräuschempfindlichkeit werden selbst normale Alltagstätigkeiten wie Staubsaugen, Rasenmähen oder das Ausräumen des Geschirrspülers zum Problem. Das geht im Moment nur mit Gehörschutz.

Am gefährlichsten sind aber die aktuell auftretenden Schwindelattacken. Dann bin ich nicht mehr in der Lage, mich aufrecht zu halten und Entfernungen einzuschätzen. An guten Tagen versuche ich, die Situation mit Humor zu nehmen. An schlechten Tagen möchte ich mich am liebsten zu Hause verkriechen. Aber es gibt auch Hoffnung auf Besserung.

Im Mentaltraining gibt es eine Technik, in der man versucht, körperliche Symptome Gefühlen zuzuordnen. Mithilfe des räumlichen Denkens und der eigenen Fantasie kann man im Ergebnis diese Gefühle in sich zuordnen. So habe ich unter anderem meine Wut kennengelernt. Die Tinnitusattacken gingen zurück und sind im Moment ganz verschwunden. Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass mir Ausdauersportarten wie Radfahren und Joggen unheimlich guttun.

Was wird mir meine Zukunft bringen?

Eines ist für mich sicher: Ich will meine alte Lebensqualität zurück und werde dafür alles tun. Bisher haben mich meine Krisen im Leben immer stärker gemacht. Der Mensch ist so einzigartig und individuell, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss. Ich bin optimistisch, dass mir dies gelingt, aber auch neugierig, wie dieser Weg zukünftig aussehen wird.

Derzeit testet Manuela König eine neue Gehörtherapie. Über ihre Erfahrungen wird sie hier berichten.

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